Texten mit KI-Tools – Wie sieht hier eigentlich die Rechtslage aus?

Geistiges Eigentum in Form von Texten ist in Deutschland glücklicherweise durch das Urheberrecht geschützt. Niemand kann einfach so Texte kopieren und als eigenes Werk ausgeben ­­– zumindest nicht ungestraft. Mit der Eroberung der Texting-Szene durch diverse Large-Language-Model-basierte KI-Tools ergeben sich jedoch diverse neue Fragen in dieser Richtung. Sind Texte, die eine KI für mich schreibt, eigentlich noch urheberrechtlich geschützt? Darf ich meinen Namen neben solche Texte schreiben und mich als Urheber*in ausgeben? Und welche rechtliche Grundlage haben eigentlich Verträge, wenn sie betreffende Texte vollständig oder zum Teil KI-generiert sind? Auf einige dieser Fragen haben wir mittlerweile Antworten und eine geklärte Rechtslage.

KI und das Urheberrecht

Ganz grundsätzlich schützt das Urheberrecht in Deutschland Ergebnisse menschlichen Schaffens: „Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen“ (§2, Abs. 2 UrhR). Zu persönlichen geistigen Schöpfungen ist eine Maschine bzw. ein Programm nicht in der Lage. Es reproduziert Muster, die ihm millionenfach in ähnlicher Form präsentiert wurden und betreibt demnach eine Flickschusterei aus Texten, deren Quellen nicht mehr nachvollziehbar sind. Dieses Flickwerk kann stilistisch variieren und sehr natürlichsprachlich wirken, aber sie ist in juristischem Sinne kein Werk, das man urheberrechtlich schützen könnte.

Problem gelöst, Ende der Geschichte, Feierabend?

Nicht ganz.

Denn natürlich gibt es Grenzfälle – und wie immer sind die Grenzen fließend.

Denn Prompts, mit denen man diese Language Models mit der Texterstellung beauftragt, können sehr wohl urheberrechtlich geschützt sein. Sind sie originell genug (und was das nun wieder heißt, ist wiederum nicht festgehalten), sind KI-Prompts urheberrechtlich geschützt. Selbiges gilt für die Zusammenstellung von Text und Bild. Ein KI-generierter Comic enthält beispielsweise genug „persönliche geistige Schöpfung“ durch die promptende Person, dass er als Werk im juristischen Sinne gilt.

Der juristische Fokus liegt immer noch auf dem Menschen

Was bedeutet das aber für Verträge, in denen das Urheberrecht festgehalten wird? Das kann ja beispielsweise auf einen Verlagsvertrag wichtig sein, in dem man sich von der KI beim Schreiben unterstützen lassen möchte (z. B. im Ratgeberbereich ist das superspannend, wenn das Werk mehr informierenden als wirklich künstlerischen Charakter hat und Autor*innen nicht unbedingt Schreibbackground haben, also gerne mal Unterstützungen für Formulierungen in Anspruch nehmen würden).

Die Antwort ist (noch) recht einfach: Vollständig KI-generierte Werke fallen nicht unter das Urheberrecht – und haben entsprechend auch keine Rechte, die per Vertrag an Dritte übertragen werden könnten. Bei Mischwerken fehlt uns noch eine bindende juristische Aussage, aber dazu später mehr.

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) schreibt dazu: „Hinsichtlich KI greift das Urheberrecht also nur dann, wenn die Basis für das neu erzeugte Werk ursprünglich von einem Menschen geschaffen wurde. Es ist somit im Einzelfall abzugrenzen, ob ausreichender Einfluss auf die konkrete Formgestaltung in der Hand des Menschen verbleibt oder nicht“ (FAQ KI und Urheberrecht, BMJ, März 2024). Mit anderen Worten: Wenn nicht eindeutig erkennbar ist, dass der KI-generierte Text ursprünglich von einem Menschen stammt, handelt es sich nicht um ein juristisches Werk. Für eine wirklich felsenfeste juristische Aussage ist aber auch das nicht genug – denn im Fall der Fälle muss dann doch wieder individuell entschieden werden. Angesichts der Tatsache, dass Large Language Models wie oben angesprochen eine wunderbare Flickschusterei aus unzählbaren Texten erzeugen, bleibt außerdem eher unwahrscheinlich, dass man die Herkunft der Texte jemals wieder nachvollziehen kann. Wobei natürlich Sonderfälle wie „Erzeuge mir einen Text im Stil von genau dieser Journalistin XY“ wieder neue Fragen aufwerfen.

Was verarbeitet eine KI eigentlich?

Aber welche Daten darf die KI jetzt überhaupt nutzen? Es vereinen sich inzwischen so viele Texte in den bekannten Sprachmodellen, dass unmöglich nachprüfbar ist, welche Quellen nun wirklich verwendet werden. Nach deutschem Recht ist nur ganz klar: Personenbezogene Daten sind absolut tabu. Daten über reale Personen darf eine KI nicht weiterverarbeiten – es sei denn, die betroffene Person gibt eindeutig ihr Einverständnis dazu. Hier gilt ganz normal die DSGVO. Eine wichtige Zusatzinfo dazu ist auch: Daten hinter einem Login-Zugang sind NICHT öffentlich zugänglich. Die KI darf also nicht fraglos eure Social-Media-Kanäle crawlen. Es sei denn, ihr habt in einer Nutzendenvereinbarung diese Rechte einem Konzern – zum Beispiel Meta – übertragen und die wiederum treffen wieder andere Absprachen (so geschehen kürzlich bei Reddit). Aus diesem Grund sind Verlage auch gerade auch auf dem Weg dahin, sich das (interne!) Recht zur Verarbeitung von Büchern via KI vertraglich zu sichern und verankern das Ganze in ihren neuen Verträgen.

Weil eine ganze Weile lang nicht nachvollziehbar war, welche Daten ChatGPT verwendet, war die Seite in Italien übrigens knapp zwei Monate lang gesperrt. 

Muss ich kennzeichnen, dass mein Text mit KI verfasst wurde?

Hier kommt der EU AI Act ins Spiel. Das ist ein europäischer Gesetzesentwurf (seit dem 21. Mai verabschiedet), der genau festhalten soll: Was ist eigentlich eine KI und wie gehen wir damit um? Der EU AI Act ist die große juristische Bombe, auf deren Einschlag wir alle noch warten, denn sie stuft KI-Nutzung anhand einer Risikopyramide ein und legt je nach Position meines Falles in der Pyramide fest, ob meine KI-Nutzungsart kennzeichnungspflichtig bzw. rechtlich überhaupt in Ordnung ist. Ein Beispiel: Der Einsatz von KI in biometrischer Videoüberwachung wird eine andere Risikostufe zugeteilt als „die Lisa hat KI zum Schreiben ihrer Texte für einen Blog verwendet“ (Spoiler: Bei ersterem Fall wurde bereits angekündigt, dass der EU AI Act die Verwendung von KI komplett verbieten wird).

Das Problem an der Sache ist natürlich, dass Gesetze mit einer ganz anderen Geschwindigkeit überarbeitet und verabschiedet werden, als Neuerungen in den zahlreichen KI-Anwendungen veröffentlicht werden. Man versucht also verzweifelt, in einer rasanten Entwicklungsphase auf dem Markt eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Diese tritt jetzt am 10. Juni auch in Kraft – und sechs Monate später sind sämtliche KI-Systeme mit inakzeptablem Risiko verboten. Für alle Risikogruppen gilt das Gesetz dann bindend ab 36 Monaten nach in Kraft treten des Gesetzes. Ab da muss dann auch die Lisa, die KI zum Schreiben ihrer Texte für einen Blog verwendet, wissen, wie sie das Ganze zu kennzeichnen hat.

Die Bedeutung für mich und meinen Text

KI-generierten Texten kommt juristisch nicht das gleiche Recht zu wie komplett selbst verfassten. Es spricht aber nichts dagegen, sich von Large Language Models wie ChatGPT unterstützen zu lassen. Brainstormings, Stichpunkte, anhand derer man sich orientieren kann oder Formulierungshilfen sind einfach Dinge, die diese Anwendung und andere hervorragend beherrschen. Dabei ist immer abzuwägen: Wie viel von mir selbst steckt jetzt noch in diesem Text? Und sind wir mal ehrlich – diese Programme sind sprachlich supergroßartig aufgestellt, aber inhaltlich passieren da fragwürdige Texte, das Modell halluziniert und drüberarbeiten muss ich natürlich trotzdem noch – alles andere wäre grob fahrlässig. Ob mir das dann wirklich am Ende Arbeit erspart, müssen wohl die Nutzenden selbst entscheiden.

Kennzeichnungspflichtig sind KI-generierte Texte noch nicht. Aber mit der Verabschiedung des EU AI Act wird das für manche Textsorten der Fall sein – und hoffentlich für etwas mehr Transparenz auf dieser verrückten Achterbahnfahrt Richtung Zukunft sorgen.


Quellen

Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz Nr. 17/2024 vom 05. März 2024

§2, Absatz 2 des deutschen Urhebergesetzes

EU AI Act. URL: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52021PC0206 )

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